Der Ausstellungstitel «Subjective Evidence» (subjektiver Beweis) verweist auf Barbara Probsts (*1964) Grundthema: Was sehen wir da eigentlich? Aus welcher Perspektive wird was erzählt? Ihre mehrteiligen Werke zeigen jeweils verschiedene Ansichten eines Geschehens oder einer Szenerie, die trotzdem nie ganz fassbar werden. Die nüchterne, kühle Ästhetik und reduzierte Farbigkeit erinnern an Werbung. Gleichzeitig erzeugt die irritierende Multiperspektive Spannung. Die Präsentation vereint früheste fotografische Arbeiten mit den wichtigsten Werkgruppen der deutschen Künstlerin. Im Frühsommer 2023 hat Barbara Probst in den leeren Ausstellungsräumen des Kunstmuseums Luzern eine neue Arbeit realisiert. Jean Nouvels perfekte White-Cube-Architektur ist für die Künstlerin ideal, um ihr Spiel mit verwirrenden Perspektiven weiterzuentwickeln.

Ugo Rondinones (*1964) beispiellose internationale Ausstellungstätigkeit bei gleichzeitiger lokaler Verbundenheit sind Ausgangspunkt für seine Retrospektive mit Werken aus 30 Jahren. In asketisch schwarz-weiss gestalteten Räumen entfaltet Rondinone mit einfachen Elementen eine geheimnisvolle Atmosphäre: ein Kreis aus Ästen, ein Holzboden, ein freistehendes, zweiseitiges Landschaftsgemälde, Vögel, Fische und Pferde. Es scheint im Museum zu schneien, das Wasser des Vierwaldstättersees durch die Räume zu fliessen, ein paar Fische vorbeizuflitzen. Die Sonne geht auf und wird später vom Mond abgelöst. Ugo Rondinone setzt elementare, kraftvolle Erfahrungen aus der Natur künstlerisch um. Der Bezug zur legendären «Innerschweizer Innerlichkeit» und Materialverliebtheit vieler Künstler:innen in der Region ist nicht zufällig. Ugo Rondinone inszeniert seine kulturelle Herkunft liebevoll und mit viel Heiterkeit.

Die Kunstziele in der Ostschweiz sind vielfältig: In St. Gallen bietet die ehemalige Lokremise einen besonderen Raum für zeitgenössische Installationen, während das Zeughaus Teufen sich als charmantes Regionalmuseum behauptet. In Appenzell korrespondiert das silberne Sheddach des Kunstmuseums von Annette Gigon und Mike Guyer mit dem Nahen Alpsteinmassiv und für die Kunsthalle wurde eine alte Ziegelei mit viel Feingefühl in ein Kulturzentrum umgebaut. 

So vielfältig wie die Institutionen sind auch die Ausstellungen: Die begehbare Raumskulptur von Christoph Büchel im ehemaligen Wasserturm der Lokremise verspricht ein besonderes Erlebnis – nur fünf Personen können sie pro Stunde sehen! Das Luzerner Paar Lilia und David Glanzmann kuratiert seit Frühjahr 2023 das Zeughaus Teufen und in Appenzell führt uns die neue Direktorin Stefanie Gschwend durch die Ausstellungen.

Die Zürcher Rämistrasse hat sich in wenigen Jahren von einer alteingesessenen, gepflegten, aber auch etwas verstaubten Ladenstrasse zu einem künstlerischen Hotspot entwickelt. Unterdessen läuft sie, zumindest was den Umsatz angeht, den Trendvierteln in Zürich West den Rang ab. Viele der angesagtesten und renommiertesten Galerien, die sich bis vor wenigen Jahren in den ehemaligen Industriehallen im Westen einrichteten, haben unterdessen ein zweites Standbein an der traditionellen Rämistrasse. So eröffneten unter anderem Presenhuber, Kilchmann oder Meile in den letzten Jahren einen Showroom beim Bellevue. Wir besuchen die aktuellen Ausstellungen und tauschen uns mit den Galerist:innen aus. Den Tag lassen wir bei einem Abendessen unter hochkarätigen Originalkunstwerken ausklingen.

Immer Ende Jahr heisst es: Wir sind «zentral!». Die Ausstellung präsentiert das vielfältige regionale Kunstschaffen. Sie ist eine Plattform für arrivierte wie für aufstrebende Talente. An der Vernissage wird der Jurypreis/Preis der Kantone sowie der Ausstellungspreis «Solo» der Kunstgesellschaft Luzern vergeben. Im Anschluss an ein gemütliches Frühstück im Café im Kunstmuseum erfahren wir im persönlichen Austausch mit den Preisträger: innen aus erster Hand, was diese antreibt. Die Künstler:innen stellen uns ihre Werke vor und geben uns Einblick in ihr Universum. Begleitet und moderiert wird der Anlass von der Kuratorin Alexandra Blättler, die uns Hintergrundinformationen zu den jeweiligen Arbeiten gibt.